Das Recht der Strassenfotografie kennt eine Zeit vor Internet, iPhone und sozialen Medien und die Zeit danach. In der erstgenannten Zeitspanne war die intellektuelle Unterscheidung zwischen Erstellung und Veröffentlichung einer Fotografie einfach. Die Zeitspanne zwischen der Fotografie und der Publikation betrug Stunden, Tage, Wochen, oder mehr. Daher konnte die strikte rechtliche Unterscheidung beider Vorgänge von der Öffentlichkeit nachvollzogen werden.
Heutzutage können (!) die Fotoaufnahme und die Übertragung auf Instagram etc. praktisch gleichzeitig erfolgen. Die Öffentlichkeit, die sich nicht mit Fotobüchern beschäftigt und auch kaum Printmedien mit Fotokunst und Straßenfotografie liest, sieht die Fotoaufnahme und Veröffentlichung als einheitlichen Vorgang an. Als Folge werden die Beschränkungen der Veröffentlichung auch auf die Aufnahme selber bezogen.
Mein in 2011 veröffentlichter Artikel stellt dar, dass das Aufkommen sozialer Medien und die iPhone-Fotografié das geltende Recht nicht verändert haben. Die Aufnahmefreiheit bleibt weiterhin gegeben, ungeachtet der kurzen Umlaufzeiten bis zu einer ggfs. rechtswidrigen Veröffentlichung. Rechtsauffassungen, die beide Elemente nicht mehr trennen, sind bereits aus diesem Grund mangelhaft.
Seit der Veröffentlichung meines Essays "Strassenfotografie im internationalen Recht" im deutschen Fachmagazin ProfiFoto im Jahr 2011 wurden die Ausführungen zwischenzeitlich vom Bundesverfassungsgericht, ((Beschluss vom 8. Februar 2018, Az. 1 BvR 2112/15) bestätigt. Öffentliche Strassen und Plätze sind ein berechtigter Freiraum für die zustimmungslose Strassenfotografie. Kurz formuliert: Alles was man sich anschauen darf, darf man auch fotografieren. Das Recht zur Aufnahme beinhaltet aber keineswegs das Recht zur Veröffentlichung.